Thursday 7 July 2011

Brauner Zucker - DIY


Langsam findet er auch Einzug in unsere Supermärkte: brauner Zucker. Allerdings nicht überall, selten in verschiedenen Qualitäten und zu einem relativ hohen Preis.

Man mag über amerikanische Koch- und Essgewohnheiten denken, wie man will. Dass man dort statt des weißen Zuckers meist den viel aromatischeren und oft auch gesünderen braunen Zucker verwendet, darf man getrost als dicken Pluspunkt verbuchen.

Was ist eigentlich brauner Zucker?

Zucker wird entweder aus Zuckerrohr oder aus der Zuckerrübe gewonnen. Vereinfacht ausgedrückt: das zerkleinerte und mit Wasser versetzte Rohprodukt wird so lange bearbeitet (raffiniert), bis am Ende weißer, kristalliner Zucker und als Abfallprodukt die fast schwarze, zähflüssige Molasse übrigbleiben. Raffinierte Zucker mit höchster Reinheitsstufe sind chemisch und geschmacklich identisch, egal ob aus Zuckerrohr oder Zuckerrübe.

Die Molasse vom Zuckerrohr hingegen gilt als geschmacklich hochwertiger, Molasse aus Zuckerrüben wird fast ausschließlich zu Tierfutter verarbeitet. Jedenfalls stecken in der Molasse noch jede Menge Nährstoffe und Vitamine des Rohstoffes. Gesunder Abfall eben ;-)

Zucker aus Zuckerrohr wird mehr oder weniger stark raffiniert, d.h., je weniger raffiniert, desto mehr Molasse bleibt drin. Turbinado, Demerara und Muscovado sind solche aus Zuckerrohr gewonnene, unterschiedlich stark molassehaltige, naturbraune Zucker.

Brauner 'Haushalts'-Zucker, also der üblicherweise angebotene braune Zucker, ist kein naturbelassener brauner Zucker im eigentlichen Sinn. Vielmehr wird normaler weißer Zucker (aus Zuckerrüben) mit Molasse (aus Zuckerrohr) versetzt. Dadurch kann die Qualität (hell, dunkel) besser kontrolliert werden, und außerdem ist dieser Zucker deutlich preiswerter.

Genau solchen braunen Zucker kann man selber machen. Weißen Haushaltszucker gibt's überall, Molasse gibt's im Reformhaus. Man kann den eigenen braunen Zucker so hell oder dunkel einstellen, wie man will und ist nicht vom spärlichen Angebot der Supermärkte abhängig.

Dass das überhaupt geht, hab' ich zum ersten Mal in Christina Geyer's exzellentem Blog AmiExpat gelesen. Ich musste das probieren!


Molasse gibt es offensichtlich auch in unterschiedlichen Konzentrationen, wobei die am stärksten konzentrierte Molasse 'Blackstrap' heißt. Ich habe solche unterschiedlichen Molassen noch nicht gesehen. Die, die ich aus dem Reformhaus kenne, sind fast schwarz und zähflüssig wie Teer. Vielleicht ist das ja die Blackstrap-Qualität?

Die meisten (amerikanischen) Rezepte, die ich gefunden habe, vermischen (verkneten) einfach ein bisschen Molasse mit normalem Zucker mit einer Gabel. Bei meinem ersten Versuch hat das auch gut geklappt und es waren nur ein paar kleinere Klümpchen Molasse im braunen Zucker.

Beim zweiten Mal hatte ich mehr Molasse-Klümpchen drin und kriegte die auch nicht weg. Beim dritten Versuch hatte ich wieder so viele Klümpchen. Dann fiel mir ein, dass irgendwo jemand gekauften braunen Zucker in die Mikrowelle gestellt hat, weil er knochenhart geworden war. Wärme bringt offensichtlich die Molasse zum Schmelzen.

Meine Mikrowelle ist zur Zeit kaputt, also versuchte ich es mit einem heißen Wasserbad.

ca. 750 g weißen Haushalts-Zucker
ca. 1 EL Molasse

in eine Plastikschüssel geben. Tip: die Molasse mit der Gabel aus der Dose nehmen, die auch zum Mischen benutzt wird. Molasse ist dickflüssig und zäh. Wenn man sie mit einem extra Löffel entnimmt, muss man von dem später die Reste runterkratzen.

Update 12.Juli 2011:  Bettina von Woolly Bits hat einen super Tipp: sie holt die Molasse mit einem leicht geölten Löffel aus der Dose, dann läuft sie leicht ab! Danke, Bettina!

Mit mehr Molasse wird der braune Zucker dunkler und auch intensiver im Geschmack.


Mit der Gabel Zucker und Molasse in der Schüssel sorgfältig vermischen bzw. verkneten. Es werden Molasse-Klumpen bleiben. Eine weitere, größere Schüssel mit heissem Wasser füllen und die Zuckerschüssel da hineinstellen. Weiter mit der Gabel mischen bis die meisten Klumpen verschwunden sind und der Zucker gleichmäßig braun ist. Vorsicht, dass kein Wasser in die Zuckerschüssel kommt! (Was würd' ich hier um eine intakte Mikrowelle geben! :-()


Die Schüssel mit dem Zucker aus dem Wasserbad nehmen und die Mischung abkühlen lassen. Dabei immer wieder mal durchrühren. Den Zucker in ein luftdicht verschließbares Glas füllen. Brauner Zucker ist wegen des Molasse-Anteils immer ein bisschen feucht. Wenn alle Feuchtigkeit verdampft, weil z.B. das Glas nicht richtig schließt, wird der Zucker hart. Dann - siehe oben - kommt die Mikrowelle zum Einsatz ;-)


Voilà! Hier ist brauner Zucker!

Was ist eigentlich so toll an braunem Zucker?

Nun, er schmeckt nach Karamell. Wer das nicht mag - Finger weg. Wer aber so karamell-süchtig ist wie ich, nimmt ihn überall, wo eine leichte Karamell-Note auch nur irgendwie passen könnte.

In Kuchen oder Desserts kann man statt fertig gemischtem braunen Zucker oft auch normalen Haushaltszucker verwenden und einfach etwas Molasse dazugeben, die vorher in ein bisschen heissem Wasser oder heisser Milch aufgelöst wurde.

Mit Molasse kriegen manche Speisen eine seidige, cremige Textur (ich glaub', das nennt man dann 'seidiges Mundgefühl'??). Tipp für Diätler: ein simpler Magermilchjoghurt, verrührt mit braunem Zucker, schmeckt unglaublich cremig. Ganz ohne Sahne!

4 comments:

Woolly Bits said...

ich war vor jahren schwer ueberrascht, dass es hier (westirland) so viele dinge nicht im supermarkt gibt - aber zum glueck alle moeglichen varianten von braunem zucker:)) wobei der dunkelbraune auch gern mal klumpig aus dem paket kommt - mal sehen, ob der auch in der MW "lockert"... melasse (und golden syrup, den es da und dort scheinbar inzwischen auch in d gibt) nehm ich uebrigens mit einem leicht geoelten loeffel aus der dose, dann laeuft sie problemlos ab....
schoen, dass du wieder schreibst - mir ist es egal, ob in E oder D:)) und mach dir keine gedanken, dass du nicht perfekt englisch schreibst - die meisten, die das koennten - haben dann probleme mit dem deutschen:))

Molly said...

Hallo Bettina!
Super Tipp mit dem geölten Löffel! Danke! Wär' ich selbst nicht drauf gekommen. Ich hab's noch eingefügt.

Ich hoffe, ich schaffe es jetzt besser, am Ball zu bleiben. Irgendwie fliegt mir dieses Jahr alles um die Ohren ;-)

Woolly Bits said...

ja, das kenn ich auch ganz gut:)) was mir noch eingefallen ist: man kann braunen zucker auch ueber suessspeisen streuen (joghurt z.b.) und eine weile im kuehlschrank lassen, dann loest er sich auf und formt so eine art karamellschicht - total lecker:)) ein bisschen so wie diese gegrillte zuckerschicht auf manchen rezepten - aber eben ohne hitze. ich nehm dazu gern den ganz dunklen zucker, den man hier kaufen kann - aber ich gebe zu, dass das nicht jedermanns geschmack ist:)) jetzt hoer ich besser auf, dran zu denken, sonst fang ich an zu sabbern:))

Anonymous said...

Ich komme aus den USA, aber bald wohne ich in München. Ich backe gern und oft, und ich war ein bisschen besorgt weil viele von meine Rezepten brauchen braune Zucker, und ich habe keine im Supermarkt gefunden als ich früher in Deutschland war. Ich freue mich diese Information zu finden. :-) Eine Frage: Sie haben schon gesagt Sie haben Melasse beim Reformhaus gefunden. Ist das eine Art Geschäft? Gibt es in München?